Respekt und Anerkennung
für ein Lebenswerk

Meister Tsuneyoshi Ogura, Schüler von Yamaguchi Gogen (1909 - 1989) und Gima Makato (1887 - 1969) verlieh Sensei Habersetzer am 28. April 2006 in seinem Dojo in Kofu (Yamanashi-ken, Japan) den 9. Dan Grad Karatedo verbunden mit dem Titel "Hanshi". Außerdem erkannte dieser Sensei Habersetzer den Status eines Soke (Gründer) für seinen Stil "Tengu no michi" (Tengu ryu Karatedo, Kobudo, Hojutsu) an. Beide Titel wurden gleichermaßen von Sensei Tadahiko Ohtsuka, Vorstand der Schule Gojukensha (Tokyo) bestätigt, der direkter Schüler von Higa Yuckoku (1910 - 1994) ist.
Mit den zuletzt verliehenen Titeln wurde Sensei Habersetzer neuerlich Respekt für eine nun schon 49jährige Praxis einer authentisch traditionellen Kampfkunst  gezollt, welche die Entwicklungsstufen des Budokas ("Shu" - "Ha" - "Ri") stets respektierte und nun ein eigenes modernes Kampfkunstkonzept ("Tengu no michi) hervorgebracht hat.

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Budograduierungen Sensei Habersetzers





Beginn Judopraxis 1957 (Judo Club de Huningue, Elsaß), Entdeckung des Ju-Jitsu. Anschluß an den Judo Club du Rhin in Strasbourg (Lehrer: Me Roger Jouan), dort Entdeckung des Karate.

KARATE (französische Graduierungen):

  • 25/06/1961 3. Kyu (Braungurt) Fédération Française de Boxe Libre et de Karaté (Lizenz N° 2778, au " Karaté club de France " de HD Pléé)
  • 29/12/1961 1. Dan Fédération Française de Boxe Libre et de Karaté      
  • 20/04/1965 2. Dan FFJDA-Karaté
  • 01/12/1969 3. Dan FFJDA-Karaté
  • 22/06/1972 4. Dan FFKAMA

Praxis des Judo, Aikido, Karate und ähnlicher Kampfkünste  > Hauptorientierung: Karatedo.


  • BREVET D’ETAT de PROFESSEUR
  • 29.9.1978 5. Dan FFKAMA

    KARATE (japanische Graduierungen):

    Alle Graduierungen verliehen von Hanshi Tsuneyoshi OGURA, Gembukan aus Kofu (Yamanashi-ken), Verband: " Internationale  Konförderation für Karatedo, Kobudo, Propagation " (I.C.K.P.)

    • 12/11/1973 5. Dan, Shihan 
    • 10/10/1980 6. Dan 
    • 16/10/1982 7. Dan (öffentliche Prüfung in Strasbourg) 
    • 25/04/1992 8. Dan (Menjo N° 997)
       
    • 28/04/2006 9. Dan, Hanshi (Menjo N° 1115), verbunden mit der Anerkennung des Titels Soke (Stilrichtungsbegründer) der Schule "Tengu no michi" (Tenguryu Karatedo, Kobudo, Hojutsu). gemäß  japanischer Tradition.


    TAIJI QUAN (japanisches Diplom):

    Lehrerdiplom des Taiji-quan der Schule Gojukensha aus Tokyo, verliehen 1982 von Sensei Tadahiko OHTSUKA.

    (Anmerkung: Es handelt sich um eine verkürzte Auflistung der Qualifikationen Sensei Habersetzers! - Ein ausführliche Darstellung gibt es auf der entsprechenden französischen Seite des CRB/Institut Tengu; siehe: > "Transparence....")


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Definition

Was ist das, ein "Tengu" ?
Was ist das "Tengu Institut" ?

Im CRB von Sensei Rolatnd Habersetzer in Straßburg gibt es seit einiger Zeit ein neues Konzept, das sich "Tengu" nennt. Tatsächlich gibt es seit 1995 ein von ihm geschaffenes und geleitetes "Institut Tengu", das anläßlich von Sensei Habersetzers neuesten Publikationen der Öffentlichkeit vorgestellt wird, so etwa in dem Buch "Tonfa" oder Habersetzers Reflektionen "Main vide pour un tranchant guerrier".

Die CRB-Experten, die an der beständigen Forschungsarbeit auf dem Gebiet der Kriegskünste teilhaben, und einige andere aufmerksame Sempai wissen Bescheid über die Erweiterung seines Konzeptes, das nach der Meinung des Präsidenten des CRB dem Karate seinen wahren, alten kriegerischen Sinn wiedergeben soll. Es sollen die Empfindungen (und damit die Daseinsberechtigung) wiedergefunden werden, die von der sportlichen Entwicklung der Kampfkünste vor langem abgetötet wurden. Der Titel mag verwirrend sein "Karate: main vide pour un tranchant guerrier"! Reflektionen für eine Rückkehr zur kriegerischen Dimension der traditionellen Kunst des Karatedo", wie er vom Institut Tengu veröffentlicht wurde und der umfassend in das Gebiet einführt.
japan

Diese Orientierung des Karate im CRB wurde auf den beiden letzten Ecoles de Cadres vorgestellt: "Das Institut Tengu bietet das Umfeld für eine zugespitzte Praxis auf dem Gebiet der Kampfkunst, die auf zwei Prämissen beruht: Präzision und Lenkung der für den Gegenschlag einsetzbaren Kraft im Wissen um die Gesamtheit der sich ergänzenden Verteidigungstechniken, die wie eine echte Waffe eingesetzt werden, und die vollkommene Kontrolle dieser Kraft durch den "rechten Geist" (das ist das "Do", die Ethik nämlich, die ein für den Mann oder die Frau den Umständen entsprechendes, verantwortungsbewußtes Verhalten sicherstellt). Dies soll geschehen in der Achtung vor den Prinzipien der wahren Kampfkunst, die unter Berücksichtigung der aktuellen Lage bedacht und korrigiert wird und die daher entwicklungsfähig ist. Eine große Sache... In dieser Hinsicht ist das Institut ein echtes Forschungslabor und Expermientierfeld, das den Unterricht in den CRB Dojo dadurch erweitert, daß es ihn verschärft, wobei seine früheren Ziele keineswegs verleugnet werden. Damit wird das CRB zum Rahmen einer einzigartigen Arbeit auf der ganzen Welt. Über die Technik hinaus gibt es auch und vor allem noch die "Richtung Tengu". Diese besteht im Wissen um die Summe von physischen und mentalen Möglichkeiten, die auf dem Wissen beruhen, auf eine Bedrohung lieber wie ein Mensch zu "antworten" als wie ein kämpfendes Tier zu "reagieren". Und das macht den Unterschied aus!

Warum aber "Tengu"? Was ist eigentlich ein "Tengu"? Die keineswegs zufällige Wahl dieses Begriffs wird deutlich, wenn man die Definition von Tengu durch den Sensei liest. Die Abkürzung, die R. Habersetzer als Symbol für seine Idee entworfen hat und die an anderer Stelle erklärt werden soll, wird die Ausrichtung des "Tengu Weges" (Tengu-no-Michi), an dem er eine möglichst große Zahl von ernsthaften und realistischen Budoka teilhaben lassen möchte, noch mehr verdeutlichen. Richtig verstanden, liegt es jenseits eines Bunkai auf elementarem Niveau. Aber da es vom Sensei kommt, wird es schon richtig sein...

INSTITUT TENGU

7 b CHEMIN DU LOOCH, 67530 - SAINT-NABOR, Frankreich

 

Tengu: eine Definition

Tengu sind mythische Wesen aus dem alten Japan, die in der Einsamkeit der Berge wohnten. In den Geschichten und Fabeln, die im Volk über sie kursierten, genossen sie den Ruf, große Könner der Kampfkünste zu sein, wovon sie bisweilen auch Menschen profitieren ließen. Zahlreiche Krieger und Samurai, Begründer von Schulen (Ryu), besonders von Schwertschulen (Ken-jutsu), behaupteten, von den klugen Ratschlägen eines Tengu inspiriert worden zu sein. Bisweilen soll das im Traum geschehen sein, während sie als freiwillige Eremiten zurückgezogen in den Bergen lebten, um dort in der Askese (Musha-shugyo) eifrig nach dem "Weg" (Do) zu suchen.

Minamoto-no-Yoshitsune (1159-1189) selbst, einer der größten Krieger, die Japan je kannte, Held der Helden, soll auf diese Weise seine meisterliche Schwertkunst erlernt haben. Sie ermöglichte es dem noch jungen Mann, nachdem er seine Jugend im Kurama-Tempel verbrachte hatte, den Mönch Benkei zu besiegen, als dieser versuchte, ihm mit seiner Naginata die Goto-Brücke zu versperren. Der große Schwertkämpfer Miyamoto Musashi (1584-1645), der über 60 Duelle unbesiegt blieb, wurde seit seiner Jugend "der kleine Tengu" genannt. Noch zu Beginn des 20. Jahrhunderts führte Takeda Sokaku, ein Meister des Aiki-jutsu, den Beinamen "der Tengu von Aizu".

Der Ursprung der "göttlichen Technik des Tengu" (Tengu-geijutsu-ron) soll bei den kriegerischen Yamabushi zu finden sein, den gefürchteten Krieger-Mönchen, die von Kloster zu Kloster durch die Berge wanderten. Sie inspirierten in hohem Maße die düstere Welt der Ninja, die der schwarzen Maske, die ihr Gesicht bedeckte, um ihnen ein diabolisches Aussehen zu verleihen, den Namen "Tengu-gui" gaben.

Die Tengu sind chinesischen Ursprungs. "T'ien-Gu" ist die japanische Aussprache der chinesischen Schriftzeichen "T'ien-kou" ("Tiangou") ("Hund des Himmels"). Die Legende über diese übernatürlichen Wesen gelangte im 6. und 7. Jahrhundert nach Japan. Im Laufe der Zeit wandelte sich jedoch das Bild der Tengu. War er anfangs noch schlicht und einfach ein Dämon, der im Rufe stand, Waldbrände zu legen, Kinder zu entführen, Menschen zu fressen und die buddhistischen Mönche endlos zu quälen, so entwickelte er später die Fähigkeit, zwischen Gut und Böse zu unterscheiden. Im mittelalterlichen Japan konnte er auf der einen Seite unerbittlich und schrecklich oder voller Güte sein, je nach dem Charakter des Reisenden, der ihm auf seinem Weg durch den Wald begegnete. Er konnte die Hölle bedeuten oder die letzte Zuflucht für den Waghalsigen oder den Verirrten, der, wenn er das spöttische Gelächter eines Tengu aus dem Gebüsch hörte, sein letztes Stündlein für gekommen hielt. Halb Mensch (vom Körper her), halb Vogel (der Kopf), wurde der Tengu Sujet vieler volkstümlicher Abbildungen. Die ältesten geben ihm das Aussehen von Raben (Karasu Tengu), aber die verbreitetsten sind die des "kleinen Tengu" (Ko Tengu) mit Flügeln, oder die der langnasigen Tengu (Konsha Tengu). Es gab sogar eine Hierarchie der Tengu, wobei die menschenköpfigen, langnasigen Tengu über den geflügelten Tengu standen (Masken, die diese Art von Tengu repräsentieren, findet man noch heute in manchen Bergtempeln Japans). Der Herr all dieser Genien des Berges war Sojobo, der mit einer langen Nase und langen weißen Haaren gezeigt wird. Seine Macht wurde symbolisiert durch einen Fächer mit sieben Federn.

Im Gegensatz zu den reinen Geistwesen (Obake) werden die Tengu immer mit Füßen dargestellt. Zur besseren Täuschung kann ein Tengu Menschengestalt annehmen (Kind, Frau, Greis), oder auch bevorzugt als Dachs (Tanuki) oder Fuchs (Kitsune) erscheinen. Sein Schatten aber verriet immer seine wahre Natur. Ein Tengu hatte eine merkwürdige Art von Humor, und seine Boshaftigkeit kam nur seiner Arroganz gleich ("Tengu-ni-naru" bedeutet, jemand solle sich nicht so überheblich wie ein Tengu aufführen). Ein Tengu spricht, ohne die Lippen oder den Schnabel zu bewegen, da er nämlich telepathisch kommuniziert. Es kann vorkommen, daß ein Tengu besiegt wird durch eine ihm überlegene magische Kraft, oder durch die körperliche und geistige Überlegenheit eines Menschen, der es wagt, den Kampf mit ihm aufzunehmen. Ist er besiegt, verwandelt er sich in einen verletzten oder toten schwarzen Vogel. Hat ein Tengu viele gute Taten vollbracht, kann er unter Menschengestalt wiedergeboren werden.

Als Inspiratoren manch' eines Kriegers des alten Japan, der einsamen Ronin auf der Suche nach der Wahrheit, Modell für die Ninja, Quelle für Legenden und Aberglauben, wurden die Tengu häufig einfach mit den fürchterlichen Yamabushi der Berge gleichgesetzt. Das ging soweit, daß der Volksglauben sie als solche darstellte, so wie die Tengu vom Typ Karasu, die eine Priestermütze (Tokin) tragen. Man kann in allen Gegenden um rund um den Nord-Pazifik ähnliche Legenden finden, in denen mythische Vögel vorkommen, die Mittler zwischen Göttern und Menschen sind: so in Sibirien, Alaska, an der Pazifikküste von Nord-Kanada (cf. die Legende vom Großen Raben bei den Tlingit und Haida).

(R. Habersetzer. Copyright. Auszug aus einem in Kürze erscheinenden Buch.

Übersetzt von Franz Scheiner und Claudia Collani

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Der Tengu Weg

Tengu-no-michi - Der "Tengu Weg"

Das Institut Tengu ist ein Zweig des „Centre de Reserche de Budo“ das 1995 gegründet wurde. Es ist mehr in Richtung moderner Kampfkunst (Shin Budo) ausgerichtet, und ist sowohl technisch als auch geistig im Einklang mit unserer Zeit. Unsere heutigen Gesellschaften sind ganz anders, als die, die zu der Zeit bestanden, als die klassischen Kampfkünste, die wir in unseren Dojos nachvollziehen, entwickelt wurden.

Diesem Umstand nicht Rechnung zu tragen, heisst, sich ganz der Möglichkeit der Entwicklung zu beschneiden, also das Vermächtnis der alten Meister sterben zu lassen, aus Mangel an Aufmerksamkeit und Respekt vor den früheren Aufgaben. Die Kampfkünste bleiben grunsätzlich der Ort des Lernens der Grundlagen in Bezug auf das Körperliche, dem die geistige Entwicklung folgt. So gesehen sind sie unersetzbar. Aber am Ende einer (sehr langen) Zeit der Integration all dieser enthaltenen „Botschaften“ in eine vorgeschlagene Entwicklung muss es so sein, dass die gefühlten Dinge sich auf die Persönlichkeit niederschlagen und damit die ausgeführten Techniken auf eine direkte Weise beeinflussen. Eine solche Entwicklung kann man nicht spüren, wenn man in einem starren System eingeschlossen ist. Ein solches System, das zwar schützt aber auch behindert, ist aber dennoch ein wesentlicher Bestandteil in traditionellen Unterrichten. Und was zeugt mehr von Respekt gegenüber der Tradition, als sie für die Gegenwart zu entwickeln und die daraus entstehende Verantwortung zu Übernehmen für eine solche Reifung. Das ist es, was Sensei Habersetzer mit seinem Konzept “Tengu-no-michi“ erreichen will: Der traditionellen Kunst „Karate-Do“ das Bild von der „leeren Hand“ (im philosophischen Sinn) lassen, ohne dem „schneidenden Krieger„ (im kämpferischen Sinn) etwas zu nehmen. Das Ganze, um ihm seinen wahren erzieherischen Wert im Rahmen einer lebenden Tradition zu erhalten, d.h. sich entwickeln wie die Gesellschaften, deren Ausdruck/Spiegel sie sind. Eine wahre Herausforderung für eine engagierte und verantwortungsvolle Praxis, weit entfernt von der sportlichen Zielsetzung, die die heutigen Dojos bestimmt.

Übersetzt von Franz Scheiner

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Versuch einer Erklärung

Tengu-no-michi - Der Versuch einer Erklärung

Das Institut Tengu (IT), 1995 von Sensei Habersetzer gegründet, ist kein neuer Verband i. S. des CRB, sondern eine Richtung der ursprünglichen Arbeit auf der Basis der klassischen Budo-Techniken (insbes. Karatetechniken). Mit Kampftraining, die die Tradition mit der Moderne vermischt. Diese Praktik ist verbreitet, aber immer noch begrenzt (siehe unten) auf den Rahmen des CRB und nicht außerhalb dieser Hilfe, was von ihrem Gründer als Wichtig geschätzt wird für ein richtiges Verständnis seiner Ideen. Das IT muss verstanden werden als logischer Abschluss des Suchergeistes, den Sensei Habersetzer im Rahmen seines CRB seit mehr als 25 Jahren bewiesen hat. Diese Weiterführung ist zugleich natürlich und auf den Punkt gebracht. Dadurch, dass es natürlich bezeichnet wird, ist es zugänglich für alle Kampfkünste, die auf dem wirklichen Weg (der über rein körperliche und sportliche Aktivität hinausgeht) sind.

Dieses Verständnis ist nicht unbedingt an die aufgezwungenen Vorschriften eines Stiles, einer Schule oder eines Meisters gebunden. Das IT ist Ausdruck eines gelebten Budo, das sich aus der Tradition entwickelt hat. Von ihr behält es nur die tiefen und wirklichen Werte, die gegen die Zeit bestehen, die es also verdienen, verstanden und weitergegeben zu werden an die Gesellschaft von heute und morgen (u.a. Respekt, Anstrengung, Toleranz gegenüber dem Leben, einer anderen Ethik, einem Weg usw.). Das Lernen dieser menschlichen Werte bildet den Sinn der Budo-Künste, so wie sie seit Jahrhunderten überliefert wurden. Dadurch, dass es „spitz“ bezeichnet wird, ist Sensei Habersetzer der erste, der weiß, dass diese Weiterführung nicht nur ein einfaches Brauchtum ist, das beruhigt und dabei die echten Herausforderungen unserer Zeit umgeht, die Ursprung eines völligen Unverständnisses oder sogar eine Abwehrreaktion hervorrufen könnte. Man akzeptiert den Kampfgedanken im Rahmen des Dojos als geschützten Raum unter der Vorgabe von spielerischen Verhaltensweisen und unter dem Deckmantel von Psycho-philosophisch-religiösen Konzepten, die den Geist einlullen, aber die einfache Idee den Willen in der realen Welt umzusetzen schockiert und beunruhigt.

Nun weiß aber die ganze Welt, dass unsere heutige Gesellschaftsformern sich ständig wandeln. Sie sind mit den verschiedensten Formen der Gewalt konfrontiert, die nicht mehr viel zu tun haben mit den Formen, die es noch vor einem halben Jahrhundert gab. Sie müssen im Stande sein, sich den Herausforderungen zu stellen, die sie betreffen und nicht die chinesischen oder japanischen Gesellschaften vor der ersten industriellen Revolution. Ein großer Teil der Budoka ist bereit, den eingeschlagenen, sorgsam gepflegten (bequemen) Weg zu verlassen. Sie wollen kein Kirchengeschwätz, entfacht von den Bedürfnissen einer Anhängerschaft, die ohne Anstrengung und ohne die Verantwortung viel erreichen will. Denn im Rahmen des Trainings im IT (man spricht hier vom „Weg Tengu“ - oder „Tengu no michi“) benutzt man die richtigen Worte, die wirkungsvollen Konzepte, um mit der aggressiven Gewalt, die uns heutzutage überraschen kann,  richtig umzugehen. Und jede benutzte Technik, sei sie mit der bloßen Hand (Kaya-ho: Methode der leeren Hand) oder mit einer Waffe (Buki-ho: Methode mit Waffen), ob alt oder modern, ist für den fortgeschrittenen Kampfkünstler im Sinne ihrer ernsten Anwendung eine Waffe. Was auch immer im Sinn der Tradition ist, so soll die Kampfkunst nicht zu einem gemütlichen Gespräch in der guten Stube verkommen, sondern sie soll ein nützliches Werkzeug zum Überleben sein. Dagegen aber sträubt sich ein Großteil der Menschen unserer pazifistischen Gesellschaft (was sie allerdings nicht pazifistischer macht). Man gibt also der Bedeutung Waffe (Hand, Fuß oder Verlängerung) wieder ihre wahre Gefährlichkeit und Gewichtung zurück. So eröffnet sich als Folge des Einsatzes von Tengu der Wille zur Nichtkonfrontation und zur Überwindung des eigenen Ichs bis hin zur Selbstaufgabe. Weit weg von Sport und Spiel.

Tengu-no-michi ist eine authentische Kunst, äußerst ernst, körperlich und geistig zwingend und wirklich nicht im Zeitgeist des Jahres 2000. Tatsächlich ist das IT der Schmelztiegel eines Shin-Budo („neues Budo“), das auf seinem Weg (vorbereiten auf eine mögliche Gewalt, die abzulehnen ist, aber mit tiefem Respekt vor dem Leben, also der Kontrolle und der Verantwortung während des Geschehens) Techniken und Verhaltensweisen einbezieht, die sich im Laufe der vergangenen Jahrhunderte bereits als sinnvoll erwiesen haben. Dennoch hört man im IT nicht auf zu aktualisieren in Anbetracht der Erfahrungen aus anderen Bereichen als dem Dojo. Sensei Habersetzer definiert seinen „Weg Tengu" gerne als eine realistische Art eine Kampfkunst zu leben, nicht wie einen Sport, sondern als vernünftige Wahl, die eine eventuelle Konfrontation bedenkt, als reale Herausforderung des Lebens. Von da kommt auch sein Wille die Wirksamkeit der Handlungen immer wieder zu verbessern, aber immer im Rahmen einer taktischen Anwendung, die mit dem unabdingbaren moralischen Kodex einer authentischen Kampfkunst einhergeht. Hier wird „Tengu-no-michi“ zu „Hito-no-michi“ (Weg des Menschen).
Aufgrund dieser sehr genauen Konzeption der „Verhaltensweise Tengu" und der Möglichkeit, dass ein falsches Verständnis schnell eine unannehmbare Abweichung nach sich ziehen könnte, kann der Inhalt dieser Techniken nur innerhalb eines begrenzten Kreises von Budokas direkt von Sensei Habersetzer gelehrt werden. Diese Budokas müssen sowohl technisch qualifiziert in ihrer Kampfkunstdisziplin als auch geistig fähig sein, die Tragweite und die Grenzen eines zusätzlichen Trainings zu erkennen. Sensei Habersetzer fasst diese Techniken unter dem Begriff „Techniques integrees des Defense Personelle“ (TID), „Integrated System for Personal Defense“, als vollständiges System zur Selbstverteidigung zusammen. Was nun die Interpretation betrifft, dem Ganzen den Namen „Tengu“ zu geben, ist lange genug von Sensei Habersetzer erklärt worden. Er unterstreicht die Wahl und die Art des Einsatzes die einem echten Budoka, der den Herausforderungen des Lebens innerhalb und außerhalb des Dojos gegenübersteht, entsprechen müssen. Am Anfang ist es: eine Stellung, ein Wille, Prinzipien und ein verantwortliches Handeln Am Ende ist es: die Anwendung der Technik in dieser Geisteshaltung abgewandelt für den betreffenden Moment.

Übersetzt von Franz Scheiner

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Den Weg anders erforschen

Mitteilung Nr. 1 von Roland Habersetzer, Sensei am Tengu Institut:

Den Weg "anders" erforschen ...

"Die Verbindung von Hartnäckigkeit und Flexibilität macht die Kriegskunst aus." Sun Tzu

Wir praktizieren heute eine beeindruckende Zahl von Kampfkünsten, martial arts (martial = Krieg führen) genannt, deren Liste mit der Integration der weltweit neu entdeckten und durch den heftigen Wettkampf in dieser Domäne neu entwickelten Techniken längst nicht vollständig ist. Es ist sinnlos, Zeit damit zu verschwenden, die Rangfolge all dieser Techniken und den Wert der unzähligen Stilrichtungen, in denen sie ausgedrückt werden, zu diskutieren: Es ist einfach, jedermann davon zu überzeugen, dass alles - wenigstens hinsichtlich einer bestimmten Anzahl von Aspekten - akzeptabel ist. Auf hohem Niveau praktiziert können viele Techniken "effizient" sein, vorausgesetzt, diese Effizienz kann in einer Gesellschaft bewiesen werden, in der die kriegsähnliche Dimension ständig reduziert wird, was sehr für eine zivilisierte Gesellschaft spricht. (Es wäre sorgfältiger, dieses Konzept der Effizienz zu relativieren, das in einer wirklich realistischen Situation problematisch sein kann, ebenso wie die Sinnlosigkeit, jemals von solcher Effizienz abhängig zu sein, sogar in einer zivilisierten Gesellschaft.) So werde ich auf keinen Fall diese nutzlose Debatte beginnen, diese Art von freundlicher Konversation, die für jeden Karateka völlig unnütz ist, weil er/sie vor allem an der Praxis interessiert ist. So üben SIE weiter, was immer Sie möchten, und versuchen wir uns stattdessen auf eine grundlegende Diskussion zu einigen. Bei allen Anzeichen von individueller Freiheit gibt es hoffentlich noch die Möglichkeit der Wahl zwischen Stilrichtungen, Techniken und zugrundeliegenden geistigen Einstellungen in Abhängigkeit von seinen/ihren eigenen physischen und mentalen Vorlieben und Veranlagungen.

Lassen Sie uns auch nicht die Diskussion über den Unterschied zwischen Kriegskunst und Kampfsport fortsetzen. Sie ist trotzdem grundlegend, und meine Position ist gut bekannt. Seit nun 40 Jahren, seit ich das erste Mal auf einen Tatami trat (damals war es Judo), habe ich mich oft genug zu dieser Wahl bekannt, und ich bin bei ihr geblieben. Nur als Erinnerung für diejenigen, die zu jung sind, um die Möglichkeit gehabt zu haben, meine Einstellung zu diesem Thema zu lesen: Kampfsport hat fast NICHTS mit Kriegskunst zu tun. Punkt. Ich habe absolut keinen Wunsch mehr, irgendjemand davon zu überzeugen. Ich möchte Sie nur daran am Beginn meiner Überlegung zu einem Thema erinnern, das jeden Budoka früher oder später angeht, so dass das folgende niemand überraschen (oder sogar schockieren) wird.
samurai

Letztendlich haben sich zwei Trainingsweisen herauskristallisiert, die Licht auf eine einzige Forschungsrichtung werfen und deren Ziel sich als identisch herausstellte, und sie haben gewisse Antworten auf Fragen gebracht, die ich mir immer selbst gestellt habe, die aber mit der Zeit besondere Bedeutung erlangten. Zuerst einmal gibt es den Weg des Karatedo, und es ist Zweck meines Budo - Forschungszentrums (CRB), das Wesen der Tradition zu erforschen und eine Entwicklung innerhalb der klassischen alten Kampfkunst anzubieten. Aber es gibt auch, und dies ist sicherlich nicht allgemein bekannt, eine Entwicklung im selbem Geist auf andere Art und Weise innerhalb meines "Tengu - Instituts": Dort suchen wir die Entwicklung eines globalen Konzepts der Selbstverteidigung in besserer Übereinstimmung zur realen Welt von heute, eines Konzepts, dass eine Folge von technischen Elementen, aber auch geistigen Einstellungen integriert, die an verschiedenartige Situationen angepasst werden können. Diese zwei Anliegen, die immer im Dojo zu finden sind, verfolgen die selbe Richtung: die "klassischen" Techniken mit all den Möglichkeiten und Lösungen anzureichern, die man im modernen Leben finden kann, um sich einem aktuellen, vollständigen und globalen Konzept der Kampfkunst anzunähern, dass mit der heutigen Zeit vereinbar ist. Natürlich muss es auch entwickelbar sein. Schließlich beinhaltet es das Setzen des Trainings in einen Kontext des Kampfes, wo es erste Priorität ist, eine realistische Konfrontation zu überleben, in einer modernen Umgebung. Letztendlich ist diese Sicht nah an dem, was die Bedeutung des Trainings des alten Okinawa-Te sein musste: das immer mögliche und brutale Aufeinandertreffen - stressig und unvermeidlich - mit jeglicher Form von Gewalt. Die Gewalt von außen, wenn ich nicht fliehen kann, und auch die meine ... Ich muss versuchen, all das zu bewältigen, exakt und sehr präzise so wie ich entscheide (mit ständiger Kontrolle, von der unerwarteten Konfrontation mit plötzlicher Gefahr bis zu ihrer Eliminierung), entsprechend den sich immer ändernden Parametern und den in technischer und menschlicher Hinsicht sehr verschiedenen Bedingungen, die ein Krieger der "leeren Hand" vor mehr als einem Jahrhundert vorfinden konnte. Trotz allem gibt es eine zentrale Gemeinsamkeit, die Basis für die Rekonstruktion einer globalen Annäherung an realistische Kampfbedingungen ist: die absolute Notwendigkeit, einen Angriff zu überleben ... Mir wurde dies bewusst, als ich während der mit und für andere Profis gemachten Trainingseinheiten und Erfahrungen des Alltags, der nicht immer so ruhig wie im Dojo ist, die wesentlichen Elemente meiner Kampfkunst mit anderen Formen möglicher Antworten auf Gewalt konfrontierte.

Indem ich dies darlege, weil ich deutlich das Objekt meiner Überlegung definieren wollte (und zu verstehen geben wollte, dass es IN KEINER WEISE den technischen Aspekt meines traditionellen Karatedo ändert), muss ich klarstellen, dass die Verwendung von Techniken aus dem Karatedo als Referenz und die Erläuterung einiger meiner Behauptungen mit Hilfe von Sequenzen aus der Kampfkunst, mit der ich am meisten vertraut bin, nicht restriktiv erscheinen darf. Man sollte die allgemeinen Prinzipien anwenden, die in seinem/ihrem speziellen Gebiet der Kampfkunst erwähnt wurden. Diese Prinzipien sind einfach zusätzliche Mittel, die unter dem Gesichtspunkt erforscht werden können, dass sie die während des normalen Unterrichts im Dojo gegebenen vervollständigen. Dies ist auf keinen Fall eine Herausforderung, aber vielleicht eine Restaurierung und auch eine Möglichkeit für einige Änderungen, die es der Kunst, die Kampfkunst genannt wird, erlaubt, wirklich nützlich in der sich schnell ändernden Welt zu bleiben.

Jede Aktivität oder jeder Prozess sind künstlich, anachronistisch und veraltet, wenn sie aus ihrem ursprünglichen Kontext genommen werden. Die Frage ist es zu wissen, welch wirklich effiziente Antwort sie auf die Fragen der Männer und Frauen von heute geben können. Wir müssen weitergehen, integrieren, um uns zu entwickeln, dürfen nicht wegen Konformität und Furcht, das Erworbene in Frage zu stellen, den Rücken kehren. All dies sage ich ehrlich, um denjenigen zu warnen, der bis jetzt so geduldig war, bis zu dieser Stelle zu lesen, dass mein Thema diesmal weder historischer noch philosophischer Natur ist. Zu diesen Punkten habe ich ausführlich meine Überzeugungen in mehr als 60 Büchern über Kampfkunst, die in 30 Jahren veröffentlicht wurden, dargelegt, um einige zu überzeugen und von anderen kritisiert zu werden. Das, was ich geschrieben und gelehrt habe, war immer das, woran ich geglaubt habe. Ich fühle nur die Notwendigkeit weiterzugehen anstatt an einer bequemen Praxis festzuhalten, die nur durch Kriterien der Vergangenheit definiert ist, und wundervolle und nicht überprüfbare Geschichten, Gerüchte und intellektuelle Abschweifungen zu benutzen, die in der realen Welt beschränkt und deshalb nichts sind.

Das Training der Kampfkunst (ich meine seine Integration in den Alltag, nicht ein Training am Rande) muss zu einer Haltung, Vorbereitung und wenn nötig zu einem Willen zur Aktion führen, die besser an die Erfordernisse unserer Zeit angepasst sind. Dies sollte uns an eine neue, aus langer Geschichte geerbten Erklärung  für das Wesen der Kampfkünste denken lassen, und nicht nur an ihre Wettkampfformen (für deren Zukunft gibt es nichts zu befürchten). Ich schrieb vor langer Zeit, dass das traditionelle Budo morgen ein universelles Shin Budo (Shin = neu) sein wird, oder es verschwindet sonst. Es ist an der Zeit, darüber nachzudenken und es zu rekonstruieren mit der Verpflichtung auf eine neue, erweiterte, kompromisslose und mutige Reflektion. Tradition darf nicht ein staubiges Museum werden. Wie auch immer die Trainingsform aussieht, die uns an sie bindet, sie muss als Herz - in der Tat ein zentrales Organ, aber nicht das einzige - eines tagtäglichen Verhaltens innerhalb und außerhalb des Dojos (geschützter Raum) in der heutigen Umgebung betrachtet werden.

Jedermann, der eine Kunst der "leeren Hand" (im kriegerischen Sinn verstanden, weder als Wettkampfsport noch als Freizeitaktivität) praktiziert, muss seiner/ihrer Forschung die scharfe Bedeutung zurückgeben, die sie ursprünglich hatte. Die Handkante, zum Beispiel, muss tatsächlich wieder eine "Schwerthand" (Te-Katana) werden, natürlich mehr im Kopf als in der äußeren Form. Es einfach intellektuell und symbolisch zu verstehen, ist nicht genug. Man muss mit der Idee leben, dass Karate eine Waffe ist, dass der Körper und der Geist, der den Körper kontrolliert, eine Waffe sind. Dass keine Waffe an sich gefährlich ist, aber dass der Grund, eine Waffe zu sein, darin liegt, eines Tages benutzt zu werden, außer in Sammlungen. Und wenn dieser Tag kommen sollte, ist das erste, was man von ihr erwarten kann, so sicher wie möglich aus einem brutalen und gewalttätigen Aufeinandertreffen zu kommen. Nicht weniger. Ist es notwendig aufzuführen, dass der Geist der Tradition selbst (deshalb meiner) den Gebrauch dieser Waffe nur zur Verteidigung vorschreibt? Das ist genau die Einschränkung und erklärt, warum eine Konfrontation zwischen zwei wahren Budo-Meistern, die per Definition frei von jeglichem aggressiven Impuls sind, nicht stattfinden kann. Das erklärt auch, warum sportlicher Wettkampf genau genommen mit dem Ausdruck eines kriegerischen Geistes nichts zu tun hat, dem ich den edlen Sinn zuschreibe, der sich in der Kriegs- "Kunst" niederschlägt, im Gegensatz zur Kampf- "Technik": die totale Konfrontation, nur wenn es keine andere mögliche Antwort gibt, wenn jede andere Art von Kontrolle unmöglich ist, bei der sich dann Ernsthaftigkeit und Verantwortung einstellen aufgrund dessen, was auf dem Spiel steht. Daher das Training mit einer Waffe, immer daran denkend, dass sie - aber immer unter der Garantie einer Moral - benutzt werden kann. Das ist auch der Grund dafür, warum man nie die Fähigkeiten einer Person in einer extremen Situation unterschätzen sollte, die eine Kampfkunst praktiziert und niemals etwas nur aus Spaß in einem Kampf mit einem Schiedsrichter beweisen wollte... Ist das verständlich? Machen Sie sich nichts selbst vor: Ihre Kampfkunst zu praktizieren, als Technik innerhalb des Dojos, als Verhalten im Alltag, mit scharfer und angemessener Reflektion, ist nicht vorstellbar, wenn Ihre Moral und Ihre Religion jeden Willen zur Verteidigung im voraus verurteilen und wenn sie lieber fliehen, nichts tun und vielleicht vernichtet würden, um den Prinzipien treu zu bleiben. Ist es noch verständlich? Nicht um Ihre Wahl zu kritisieren. Es ist Ihre Wahl. Aber Sie müssen verstehen, dass solch eine Haltung nicht mit dem vereinbar ist, was in der Kampfkunst als "Zustand des Geistes, der für den Sieg erforderlich ist" - im Sinn von Überleben, niemals um das eigene Ego zu entwickeln - bezeichnet wird. Ich gehöre zu denjenigen, die es nicht nur als Recht (das Privileg eines freien Menschen) sondern als Pflicht (die Verantwortung des Bürgers) ansehen, einer gegnerischen Gewalt nicht nachzugeben, natürlich mit einem Sinn für Angemessenheit, der weiter untersucht werden muss, was der Gesetzgeber als "Selbstverteidigung" und Hilfeleistung für eine gefährdete Person berücksichtigt. Ich denke, dass das Vorgeben, eine Waffe (Karate) zu polieren, nur damit sie strahlen kann (damit man selbst strahlt?), während man im voraus jede Möglichkeit, sie zu benutzen, ablehnt (immer in "extremer Situation", die einmal im Leben oder niemals auftreten kann und die trotzdem nicht erhofft werden sollte), überhaupt keinen Sinn macht. Ich denke, dass die so wünschenswerte friedliche Koexistenz für alle nicht ohne Wachsamkeit andauern kann und dass innerhalb gewisser Lebensräume, die geschützter als andere sind, weil das Risiko wirklich selten ist, das Bewusstsein allmählich einschläft. Das ist gefährlich.

Jeder der eine Kunst der "leeren Hand" praktiziert muß ihr/sein technisches Lernen verbinden mit der Entdeckung (oder Wiederentdeckung) von authentischen kriegerischen Vorstellungen und ihrer originalen Bedeutung (das ist der "Geist der Technik") für einen globalen und glaubwürdigen Ansatz von ihren/seinen Nah-Kampf-Techniken. Er/Sie muß die Regeln für die Verwendung dieser Techniken verstehen und meistern, damit er/sie fähig ist, wenn die Zeit kommt, mit dem "richtigen Geist" zu handeln. So wird seine/ihre Entwicklung innerhalb und ausserhalb des Dojos einheitlich sein, während ihres/seines ganzen Lebens.

Das ist, denke ich, die ursprüngliche Bedeutung des "Weges" (Do, Michi, Tao...).

wird fortgesetzt...

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Fallen für das Ego und selbstmörderisches Wissen

Mitteilung Nr. 2 von Sensei Roland Habersetzer an das Institut Tengu:

    Fallen für das Ego und "selbstmörderisches" Wissen ....

"Das Schwert in der Scheide ist ein Schatz" (Japanisches Sprichwort)

Das erste wesentliche Anliegen (ohne jegliche philosophische Wertung bezüglich der Ordnung) jeder kämpferischen Praxis ist ganz einfach, ein Mittel zum Überleben in extrem gewaltsamen Konfliktsituationen anzubieten. Deshalb muss jede Technik der "leeren Hand" (="Kara -Te", per Definition, was ich hier aber aus Bequemlichkeit als generischen Ausdruck für eine Vielzahl von Techniken verstehe, die die gleiche Entwicklung wie das japanische Karate besitzen), um sowohl konform mit dem Geist der Tradition als auch glaubhaft in einer sich ändernden Welt zu sein, (in der man mehr und mehr die Angewohnheit annimmt, Worten nicht mehr ihren ursprünglichen Sinn zu geben, und wo man sich mit dem blassen Konzept der Substitution zufrieden gibt), die Entwicklung eines schneidenden Körpers und Geist - im authentischen Sinne: Körper und Geist sind trainiert wie eine Waffe, ein Schwert,... - bezwecken. Eine Kampfkunst zu praktizieren heißt, die Handhabung einer Waffe zu erlernen, sonst verliert Alles seinen Sinn. Ich weiß, nichts ist offensichtlicher als das.


Genau hierin liegt aber der springende Punkt. In einer Gesellschaft, die es vorzieht, eine dunkle Ecke zu ignorieren, sowie jeden pauschal und im vorhinein zu verdammen, der sich an eine ausführliche Auseinandersetzung dieser Frage heranwagt, leidet das Bild einer Waffe, die bloße Vorstellung, per Definition an einem negativen Beigeschmack.

Eine Waffe ist die Beschwörung der Gewalt, der Zerstörung, des Todes. Auf den ersten Blick kann der letale Aspekt (den Tod verursachend), zu dem dies führt, in einer Gesellschaft, die alles tut, um zivilisiert zu erscheinen, durch nichts seine Erhaltung rechtfertigen. Kann man also noch versuchen, verständlich zu machen, dass jede Waffe an sich untätig ist, und dass, dies eine fundamentale Mahnung aller traditioneller Unterweisungen im Kampf, der Geist die ultimative Waffe ist? Der Rest nur ergänzend hinzukommt? Nun ist es gesagt, und es erscheint mir von nun an nicht mehr nötig zu sein, auf ein soziologisches Problem einzugehen, welches nicht mein Anliegen ist.

Es ist sicher richtig, dass die Existenz einer Waffe gefährlich sein kann, wenn sie in die Hände von jemandem gerät, der nicht darauf vorbereitet ist, weder technisch (Risiko einer unkontrollierten Handhabung), noch mental (Risiko des Gebrauchs ohne den " rechten Geist"). Für den Fall, dass ich hier gleich abschweife: ich möchte mich hier nur an Praktizierende einer "Kampfkunst" (= Handhabung einer Waffe und Innehaben einer Ethik) wenden und nicht an diejenigen, deren unverantwortliches Verhalten mehr an die finstren Kriegsherren der alten Königreiche des Reichs der Mitte erinnert. Denn, dies eine weitere fundamentale Mahnung: es gibt in den Kampfkünsten keinen Unfall, d.h. etwas, was versehentlich passiert, was man nicht wirklich gewollt hat. Keine Frage, dass man von einer Technik überrascht ist, die uns entwischen könnte, und deren Effektivität sich plötzlich als unerwartet und total erweisen könnte. Auch ein Grund, weshalb eine authentische Ausübung einer Kampfkunst niemals, weder von nah noch von fern, eine spielerische Interpretation haben kann. Die Regeln für den Gebrauch von Techniken sind hier so strikt (und von Ernsthaftigkeit geprägt), dass sie sich nicht für ein Spiel eignen könnten. Oder sie verlieren ihr Wesen. Deshalb beabsichtigen diese Regeln etwas ganz anderes: den Übenden im als auch außerhalb des Dojos, zu einem alltäglichen Verhalten zu führen, welches vielmehr einen vorbildlichen Charakter als den Charakter eines besitzt, der die Verantwortlichkeit des Besitzes einer wahren "Waffe" auf sich nimmt. Und hier befinden wir uns nun mitten in der Problematik.

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In den Kampfkünsten geht das Erlernen der Techniken Hand in Hand mit dem Schmieden eines Geistes, der fähig ist, den Einsatz in einer eventuellen gewaltsamen Konfrontation einzuschätzen. Das technische und mentale Streben den Regeln des "Wegs" (do, michi,...) folgend verfügt also über einen echten erzieherischen Wert für das Leben in der Gesellschaft: man lernt den angemessenen Respekt vor dem Gegenüber, der eigenen physischen Integrität, sogar vor dem Leben, Respekt, der nur dann zurücktreten darf, wenn die unabweisliche Notwendigkeit des Schutzes des eigenen Leben sowie desjenigen gegeben ist, der nicht in der Lage ist, dies selbst zu tun. Aus dieser Sicht und ohne jegliche Form von Zugeständnissen an die Lust (Ausdruck, unter diversen Formen, des ewigen "Ego", des künstlichen "Ichs",...), wird jede physische Konfrontation bitterer Ernst und sollte die absolute Ausnahme bleiben. Der letzte Ausweg, und auf keinen Fall, um Spaß zu haben. Das Resultat einer Entscheidung, einer Wahl, des Willen zur Kontrolle, der vollen Akzeptanz der Verantwortlichkeit aller möglichen Folgen der Tat. Das Alles natürlich im Zustande des Stresses, unter der brutalen Auswirkung einer entgegenstehenden Aggressivität, in einem kurzen Augenblick, der all die normalen Wahrnehmungsfähigkeiten beeinträchtigt. Die traditionelle Lehre, mit diesem Begriff von der Suche nach der inneren Meisterschaft und der Entdeckung des konstruktiven Wertes einer gewählten (und nicht aus Schwäche vorgeschobenen) Gewaltlosigkeit, verbindet sich nun wieder mit dem engen Rahmen der von der modernen Legislative zugelassenen Taten (mögliche Anwendung von minimaler, notwendiger und angemessener Gewalt zum Selbstschutz, ohne Entschuldigung im Falle des Missbrauchs). Die Tradition hat somit ein erzieherisches Potential: sich um das Schwert sorgen, sein Bestmöglichstes wollen, aber ablehnen, es aus der Scheide zuziehen, nur um seinen Glanz zum Vergnügen zu bewundern, sich beneiden oder einen Abend lang umjubeln zu lassen. Und mit einem Holzschwert (Bokken) in der Vorstellung zu trainieren, dass es jedes Mal schneidet, jede Bewegung zu machen "als ob", mit seinem ganzen Körper und Geist, ohne sich jemals in der Stimmung des Beweisens, "nur um zu sehen", gehen zu lassen, ohne dass wirklich ernsthaft....

Den großen Stolperstein für das Ego erkannt? All das hat nichts mit dem Gewinn eines Titel, der von einem Publikum anerkannten Überlegenheit, den Schmeicheleien für das "Ich" zu tun. Denn niemand gewöhnliches, im Gegensatz zur landläufigen Meinung, wägt mehr zwischen der Aggressivität, die sich in einem sportlichen Wettstreit entfalten kann, und der möglichen Gewalt von dem Punkt an ab, wo der wahre Einsatz das Leben ist. Sehr sorgfältig sein Schwert polieren, doch niemals den Drang haben, sich der Waffe zu bedienen, noch dies zu zeigen... All die Paradoxien der wahren Kampfkünste, oft beschrieben aber selten verstanden und noch seltener akzeptiert, werfen per Definition die Frage der Gewalt auf!

Ich verstehe gleichwohl, dass man Lust haben kann, den Kampf zu "spielen", aber unter dem Vorbehalt sich nicht Ernst zunehmen. Den Austausch von Techniken spielen, aber den Geist des Spiels beizubehalten, ist möglich. Versuchen, eine Überlegenheit im Wettkampf zu erzielen (diese Stufe ist unterdessen keine unumgängliche Etappe, um in den Kampfkünsten Fortschritte zu machen, weit entfernt von einem Muss!), kann nur innerhalb des spielerischen Rahmens, also die Abmachungen respektierend, gestattet sein.
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Ein meist zweifellos "männliches" Spiel, aber mit Regeln, die immer nur zu einer teilweisen Verpflichtung führen, liefert demnach zweifelhafte Ergebnisse in der Realität eines Kampfes um Leben und Tod. Aber wer ist wirklich bereit, die Offensichtlichkeit dieser Kenntnis der Relativität in einer solchen Beweisführung, im allgemeinen hochgeachtet von einer Öffentlichkeit, deren Verkennen der Realität in die Richtung der Täuschung und Fehler geht, zuzulassen? Wohl an, diese Verwirrung führt direkt zu zwei Gefahren. Vor allem die Tatsache, Regeln eines Spiels zu benutzten, um einer Gewalt (mit Gesten, verbal, mental) freien Lauf zu geben, die sich unter der Mitschuld aller ausbreitet und die Aufwertung des "Ego" als einzigen Zweck hat, in der Absolutheit des "Gespielten" von der Effektivität überzeugt sein, ist eine extrem gefährliche Schlussfolgerung, die zum Gegenteil der vorgeschlagenen Entdeckung des Weges des Kriegers führt, und wo mehr als einer seine Möglichkeiten, die er anfangs hatte, verloren hat.
Wie in einem schlechten Rollenspiel, wo, durch ein sich zu ernst nehmen, man irgendwo letztlich verrückt wird. Gefährlich für sich selbst (irriges Gefühl der Unverwundbarkeit) und für die anderen (unkontrolliertes Treiben). Man beobachtet heutzutage, dass in einer Vielzahl von Sportarten (nicht nur im Kampfsport) ein starker Grad von Gewalt zugelassen und im Namen des Sieges um jeden Preis durch praktisch jeden ermutigt wird. Rechtfertigt das sogenannte Bedürfnis des Aus-Sicht-Selbst-Gehen in einer Gesellschaft mit Problemen ein exzessives Verhalten?

Trotzdem ist es verwirrend, eine in den Stadien und Ringplätzen (wo man sich offensichtlich auf "Gladiatorenkämpfe" hinbewegt) weit verbreitete Gewalttätigkeit feststellen zu müssen, banalisiert in einer Gesellschaft, die ansonsten alles nötige tut, um ihr "zivilisiertes" Bild zu pflegen (beruhigend, nicht wahr?), und die sich wie ein Mann und mit einer unanständigen, falschen Schamhaftigkeit über die einfache Beschwörung einer "bewaffneten" Lehre (sei es eine Lehre vom Kämpfen) empört, die es noch wagt ihren Namen zu nennen, und deren Bewegungen, gemacht um zu verstümmeln oder zu töten, dennoch immer nur mit absoluter Kontrolle ausgeführt werden. Doch keine Ausrede, in der sportlichen Praxis so leicht gefunden, wird in den Kampfkünsten toleriert, wo es kein Alibi für die Ausbreitung einer grundlosen Gewalt gibt. Von welcher Seite soll man also den erzieherischen Aspekt der Lehre sehen?
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In der Tat ist in der geduldeten Praxis der "leeren Hand", abgesehen vom anfänglichen martialischen Rahmen, die wahre Gefahr einer schlecht gelernten, nicht wirklich "gelebten", ohne die "rechte Gesinnung" angewandten Bewegung zu Hause. Die Gefahr eines vom rechten Weg abgekommenen Gebrauchs, der Ethik entbehrend, die gelehrt wurde um zu kontrollieren, ebenso die Gefahr durch einen Mangel an Realität also durch ein Zugeständnis an ein falsches Gefühl der Sicherheit in einer blassen Substitutionslehre. Daher die Versuchung die angenommene Überlegenheit zu beweisen. Wohl an, viele der im sportlichen Spiel sicher wertvollen Konzepte sind ganz und gar "selbstmörderisch", wenn sie in einem reellen Kampf angewendet werden... Das Szenario eines sportlichen Wettkampfes, selbst wenn er heftig ist (in diesem Fall irrt man sich am meisten), ist sehr weit von dem einer Konfrontation, deren Ziel das Überleben unter den widrigst vorstellbaren und möglichen Bedingungen ist, entfernt. Doch daneben gibt es eine ebenso große Anzahl von komplexen Übungen, die, obwohl sie offensichtlich für den wahren Nahkampf bestimmt sind, Illusionen erzeugen, welche in der nackten Realität fatal sein könnten. Man spielt immer ein Spiel, selbst wenn man sich dabei sehr weh tun kann. Kann man denn überhaupt anders...? Da man sich in einer Schein- (glücklicherweise) Welt bewegt. Nun die Domäne der Kampfkunst, ist die des Alles oder Nichts... Sie ist besser "Nichts", oder? Erinnern sie sich an die ziemlich außergewöhnliche Szene des berühmten Films "Die Sieben Samurai" von Kurozawa, als ein von sich überzeugter Mann den Samurai zu einem totalen Kampf, in dem das echte Schwerter das Holzschwert ersetzt, herausfordert? Wenn der Samurai, sich des grausamen Spiels bewusst, da keine Notwendigkeit zu einer solche Gewalttätigkeit bestand, außer um den Hochmut zu befriedigen, beginnt abzulehnen, dann sich letztlich aber entschließt, die Herausforderung anzunehmen, tötet er ihn kurzer Hand, mit einem Schlag, den eigenen Körper verteidigend? Erinnern sie sich an den abschließenden Ausdruck seines Gesichtes? Kein Stolz über das Vollbrachte, kein Jauchzen, nichts außer Ernst und Überdruss angesichts so viel Dummheit, um mit dem Tod zu spielen, nur aus dem Bedürfnis des Wissenwollens, des Beweisenmüssens ... heraus. Immer das Ego... In den Kampfkünsten handelt es sich immer um eine Frage von Leben und Tod. Im absoluten Stresszustand. Keine Zeit, um ans Image, die Öffentlichkeit, über das, was sich in Bruchteilen von Sekunden abspielen wird, hinaus zu denken. All die, die sich eines Tages mit einer solchen Situation brutal konfrontiert fanden, wissen, dass dann der Körper wie auch der Geist vollkommen anders als in den bekannten normalen Trainingssituationen reagieren: Anstieg des Adrenalinspiegels, Wahrnehmungsstörungen, Nichtfunktionieren gelernter Bewegungen, etc.... Nein, und nochmals nein, das hat nichts mit dem zu tun, was man aus einer Auseinandersetzung nach Regeln zu kennen glaubt, es ist viel schlimmer, da man weiß, dass absolut keine externe Rückzugsmöglichkeit vorhanden ist... Deshalb folgt die Ausbildung in den Kampfkünsten, in mentaler mehr als in technischer Hinsicht, einer quasi diametralen Richtung als der im sportlichen und konventionellen Spiel vorangestellten. Ein vielleicht enttäuschendes Training, so streng und wenig gefällig es mit Ego ist, denn es ist nur dazu bestimmt, um bestenfalls (hoffentlich) für nichts oder schlimmstenfalls nur ein einziges Mal bereit zu stehen. Um so schlimmer bezüglich aller anderen Erwägungen. Überlegen Sie: Dies ist ganz und gar nicht dumm. Und absolut nicht durch einige Kritiker verwerflich, die für das Nein einer vermeintlichen Moral der Gewaltlosigkeit eintreten, die von der traurigen, alltäglichen Realität in Stücke geschlagen wurde.


Und dann gibt es noch eine weitere Sache von dieser Sorte Scheinheiligkeit, woran die Mehrheit der Übenden Gefallen findet. Wissen diese denn, das selbst der wohlbekannte "Killerinstinkt", auf dem Boden der freien und ungesunden Aggressivität, der uns oft möglich ist, in einem "geschiedsten" Kampf zu sehen, ebenfalls etwas ist, was, allem Anschein entgegen, nichts mit einer "endgültigen" Begegnung, welche auf "vermintem" Gebiet statt fände, zu tun hat? Denn wer, von all denen, die so ihre Gewalt mit dem Segen der Medien zur Schau stellen, wäre bereit die Barriere zwischen Leben und Tod zu überwinden? Ihre eigene? Die des anderen? Und wollten sie dies wirklich, könnten sie es wirklich, sicher? Ich begebe mich hier in den Bann unserer Kultur ("Du wirst niemanden töten.."), dies jedoch nicht leichten Herzens. Eine Waffe besitzen, aber davon keinen Gebrauch machen zu können oder zu wollen, wenn der Zeitpunkt gekommen ist, so kann sich dieser ultimative Augenblick der Wahrheit, um den sich über Jahren das mehr oder weniger künstliche Training drehte, darstellen, ist die schlimmste aller Fallen zu der ein pseudomartialisches Training führen kann... Die Kampfkunst lehrt das Leben, welches ein Schatz ist, und dass der kleinste Fehler zu seinem Verlust führen kann. Das ist der Grund, warum sie Mäßigung, Zurückhaltung und Bescheidenheit predigt. Darin liegt der Grund, dass sie verantwortungsbewußte Männer und Frauen für eine Gesellschaft, die Glaubwürdigkeit und keinen Sand in den Augen benötigt, formt. Deshalb fordert sie, bereit zu sein, ohne Drang dies bekannt zu machen, besser sogar, im Zweifel dies zeigen zu müssen. 

wird fortgesetzt...

Sein und nicht scheinen... Denn im Bereich der Kampfkünste gilt nicht, dass "Kleider Leute machen"!

Roland Habersetzer, Präsident des Tengu Institutes.

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Übersetzt von Erhard Weidenauer



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Bedeutung der Farben und geistige Blockaden

  Mitteilung Nr. 3 von Sensei Roland Habersetzer an das Institut Tengu :

"Bedeutung der Farben" und geistige Blockaden

   "Die Länge des Schwertes ist nur von geringem Wert, wenn man die Tugend
    missachtet." (Chinesisches Sprichwort)

Im Laufe der zwei vorangegangenen Betrachtungen habe ich versucht, Ihre Aufmerksamkeit auf die Bedeutung einer umfassenden Annäherung an die Techniken des Nahkampfes zu lenken, sei es mit "leeren Händen" oder mit (alten oder neuen) Waffen, da ich den Körper, und gegebenenfalls die anderen technischen Mittel, um die es sich handelt, nur als möglichen Ausdruck eines Handlungswillen ansehe. Es soll ein Konzept zur Verteidigung (und nicht zum Angriff) sein, das von einem präventiven Verhalten (alles tun, um eine gewaltsame Auseinandersetzung zu vermeiden: ebenso wie man das alte (französische) Sprichwort "Ein weiser Mensch befindet sich niemals auf dem Schlachtfeld" verstehen sollte) bis hin zum Austritt aus dem Problem aufgebaut ist, wenn dieses sich von selbst stellte. Dieses Konzept besteht aus Techniken aber auch aus einem mentalen Verhalten, das es erlaubt, mit voller Verantwortung die richtige Wahl im richtigen Moment zu treffen. Alles in allem muss es dazu führen, über die besten Mittel zu verfügen, damit man in der Lage ist, eine vernünftige und glaubwürdige Antwort angesichts einer Aggression zu haben: über die beste "Waffe" immer angemessen zu verfügen, erst um zu verhindern, dann um abzuraten, und in letzter Instanz, um zu bezwingen. Dies setzt offensichtlich immer die Kontrolle durch einen "gerechten Geistes" voraus. Nichts mehr als die Rückkehr zu den (wahren) Quellen jedes Übenden einer Kampfkunst, für den die sportliche Praxis, ohne uninteressant zu sein, gegenüber dem wahrhaften Einsatz eine farblose Ersatzhandlung bleibt. Der von der Idee geprägt ist, dass das Training aus ihm eine Waffe bildet, für die er verantwortlich ist, deren Effektivität er leiten muss, und deren Besitz er auf gewisse Weise auf sich nimmt, auch wenn das so von ihm in der Öffentlichkeit abgegebene Bild nicht "politisch korrekt" ist... Meine Absicht war es, ich erinnere daran, zu einem gewissen Bewusstseinserwerb in einem Bereich hinzuführen, welcher nichts mit dem sogenannten "Kampfsport" zu tun hat, und in dem Körper und Geist durch eine spezielle Orientierung des Trainings buchstäblich geschärft werden, um einen "schneidenden Krieger" zu bilden (wohl gemerkt, dass das Schmieden dieser Waffe Hand in Hand mit der Zustimmung der Regeln einer Ethik geht). Folgendes sei ein weiteres Mal festgestellt, es ist interessant sich gewissen Nachforschungen und Ergebnissen zuzuwenden, die aus anderen Gebieten als dem des klassischen Dojo kommen, die man aber perfekt an dessen Arbeit anpassen kann, ohne seinen traditionellen Geist noch sein klassisches technisches Gerüst (kaum) zu verraten. Diese langsame und vorsichtige Arbeit der Synthese, fähig, sich ohne Unterlass zu bereichern, gibt den Techniken der "leeren Hand" (Familie von Techniken des Typs "Kara-Te") aktuellere Konturen und eine höhere Glaubwürdigkeit in der heutigen Welt.
Unter den zahlreichen neuen Zugangsweisen an den Nahkampf, nehme ich mich zuerst der wesentlichen Grundlage einer wahrhaft tiefgehenden Arbeit, dem mentalen Verhalten, an, welches übrigens im täglichen Leben anwesend sein sollte, umso mehr, wenn sich ein "Problem" verdeutlicht, das sich dem Budo-Begriff des "Zanshin" (übersetzt als Wachsamkeit) annähert, aber einen geschmeidigeren und dynamischeren Gebrauch offenbart. Es handelt sich um die "Bedeutung der Farben", eine Art Maßstab für die Wachsamkeit, fähig, unverzüglich auf ein totales Engagement hinführen zu können, ein Konzept, das mit einem diffusen Gefühl für die Gefahr beginnt und mit dem endgültigen Verschwinden dieser Gefahr endet.Ohne es wäre die unerlässliche Kontrolle bei der Gewaltanwendung in der Reaktion (=Einsetzen der "Waffe") ersetzt durch einen unkontrollierbaren also gefährlichen Reflex (eine Aussicht, die offensichtlich sogar die Idee einer solchen "Waffe" verurteilt).

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Es ist richtig, dass die "Bedeutung der Farben", die manche durch Wissen, das sie in anderen Kreisen als denen des Dojos erworbenen haben, gut kennen, ein Niveau des Verstehens (intellektuelle Ebene) und der Wahrnehmung (gefühlsmäßige Ebene) anspricht, das ein besonderes Training und fortwährende Anstrengung erforderlich macht. Diese Bedeutung führt zu einer Art "Anstieg der Leistungsfähigkeit" angesichts einer Gefahr antworten zu können, mit aufeinander folgenden Stufen in Abhängigkeit von der Realität dieser Gefahr und den Ausmaßen der Bedrohung. Dies ist der zunehmende und beträchtliche Erwerb eines für den Sieg (=Beseitigung der Gefahr), vom Zeitpunkt des ersten Kontaktes mit der Bedrohung bis hin zur Lösung des Problems, nötigen Geisteszustand. Sei es zu Beginn des Herannahens einer unabwendbaren Gefahr, alsdann im Auslösen einer für notwendig und in voller Leitung dieser entschiedenen Aktion, bis schließlich über den Austritt aus dem Stress und der Rückkehr zur Stille hinaus. Um dies zu verstehen, teilt man per Definition jeder Schwelle der mentalen Wahrnehmungszustände eine Farbe zu: vor, während und nach der Konfrontation mit der Gefahr (eine Festsetzung, die sich übrigens auf jegliche Form von Gefahr, im täglichen Leben, im Straßenverkehr, am Arbeitsplatz,... anwenden läßt).

Da ist zuerst einmal WEISS. Dies entspricht dem Stadium der vollkommenen Entspannung, des Schlafes, aber auch wenn man "woanders" ist, in seinen Gedanken verloren. Man ist "abwesend" (wer war nicht schon mal im "weißen" Stadium, während er abends in extremer Müdigkeit Auto fuhr?). Eine angenehme aber gefährliche Haltung: schließlich kann alles geschehen und uns überraschen.

Es ist die Farbe GELB, in der man verweilen sollte, wenn man die Begegnung mit der Welt da draußen gewählt hat. Man ist aufgeweckt, wachsam, mit einer Aufmerksamkeit ohne bestimmtes Objekt. Man erwartet nichts Besonderes, aber die Reaktionsfähigkeit kann schnell, ohne verlorene Zeit, geweckt werden. Man ist "Zanshin"... Es ist der normale Geisteszustand, ohne Spannung, denn es gibt im "banalen" täglichen Leben a priori keinen Grund unruhig zu sein, obwohl alles innerhalb eines Sekundenbruchteils hin- und herschwanken kann.

Im ORANGEN präzisieren sich die Dinge. Man hat plötzlich den Eindruck, dass Etwas passieren könnte oder passieren wird. Man nimmt Anzeichen von Gefahr wahr, eine rein intuitive Haltung, die in bestimmten zeitlichen oder räumlichen Situationen den Geist vereinnahmt, zum Beispiel wenn man sich des Nachts beim Durchqueren gewisser, verlassener Viertel befindet, oder an einem nicht völlig leerem U-Bahnsteig, oder konfrontiert mit dem zweideutigen Verhalten gewisser Individuen, oder auf der Straße in die Anwesenheit eines Fahrers mit unsicherem Verhalten gerät, etc. (denn es ist nicht immer möglich, sich nicht an Orten zu befinden, wo man Probleme haben könnte!).

Nun ist die Aufmerksamkeit gebündelt, mit dieser Konzentration, die die potentielle, noch ungenaue Gefahr sucht. Man ist auf der Hut. Man ist bereits im Stresszustand, das Herz schlägt ein bisschen schneller, der Blutdruck beginnt zu steigen. Die totale Überraschung ist nicht mehr möglich. Man kann sich schon mal (Vorwegnahme) einer Überlegung taktischer Natur (Ausmalen der Wahl möglicher Antworten) hingeben. Aber dies alles bleibt doch nur ein verschwommener Eindruck... man könnte sich irren... und mit Erleichterung wieder in den gelben Zustand "hinabsteigen", wenn entgegen aller Erwartung nichts passiert ist.
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Oder im Gegenteil, die Gefahr nimmt präzise Formen an, sie hat einen Namen. Unmöglich zu fliehen, den Bürgersteig zu wechseln, auch nicht so zu tun als wäre nichts gewesen: die Auseinandersetzung ist unvermeidlich. Man dringt in das ROTE Stadium ein. Selbst wenn die Konfrontation mit dem potentiellen Gegner, der sich nähert oder gefährlich nah ist, durch Glück nur verbal (Beleidigungen, Drohungen) bleibt, so muss die Konzentration jetzt extrem geschärft sein (eine Fehleinschätzung auf dem Niveau der Bedrohung oder der Distanz, eine zeitliche Verzögerung der Reaktion, ein Fehler in der Wahl der Entscheidung, Nichts wird entschuldigt, und es gibt nicht zwingend eine zweite Chance... Der unerwartete, brutale und gezielte Angriff ist im Allgemeinen schneller als die Verteidigungsreaktion). Das Adrenalin tummelt sich in den Arterien. Das Herz schlägt sehr schnell. Nicht in Panik geraten, sich nicht einem unkontrollierten Reflex hingeben, die Falle umgehen, mit beiden Beinen fest auf dem Boden bleiben... Denn in diesem Stadium, wo der "Kampf" in Ihrem Kopf schon existent ist, kann der Körper noch völlig regungslos sein kann (vermeiden sie es also, durch ein überhebliches Verhalten das zu provozieren, was vielleicht noch zu vermeiden ist. Zum Beispiel die Einnahme einer charakteristischen Stellung lässt erahnen, dass Sie nicht vor dem Kontakt zurückscheuen, und kann andererseits als Bedrohung aufgefasst werden, die in der Lage ist, den Angriff auszulösen. Anstelle in ein Angriffs- oder Verteidigungs-"Kamae", wie in den klassischen Stilen, in eine tiefe Stellung, zu fallen, ist es ratsamer, sich mit einer natürlichen Haltung zu begnügen, aufrecht, 1/4 abgedreht, die Fäuste vor sich gekreuzt, aus dieser Haltung kann man sich sehr schnell in eine klassische Technik, je nach Bedarf, manövrieren). Es ist noch möglich alles zu beenden, die Berührung abzubrechen, hinabzusteigen ins "Orange", und dann, wenn einmal eine sichere Distanz vorherrscht, wieder zum "Gelben" aufzubrechen (wohl nur theoretisch, wenn man das Unglück so nah gestriffen hat...). Man ist im "Roten" zur Zeit der Vorbereitungen auf einen Kampf, der bevorstehend erscheint, und um so mehr wenn man "in ihn gehen" muss: man muss, ist die Entscheidung einmal gefallen, in der Handlung explodieren, im allerletzten Moment aber total (Überraschungsmoment in Bezug auf die vorangegangene Ruhe) ohne Zögern weder körperlich noch mental, bis zum Ende, das heisst bis zur Kontrolle über die Situation, unter Aufrechterhaltung des Drucks, im Gesamtbild, und genau so viel Gewalt um seiner Wirksamkeit sicher zu sein. Erschöpfend.... Dies spielt sich alles innerhalb einiger Sekunden ab, manchmal weniger. Gefahr droht im Falle einer Fehleinschätzung, angesichts gewisser komplexer Situationen (Anzahl der Gegner, bewaffnet oder nicht, Probleme bezüglich des Platzes und der Umgebung, Distanz- und Zeitprobleme,...). Man sollte sich darauf einstellen, Schmerzen zu erfahren, vielleicht ernsthaft verletzt zu werden, um zu versuchen alles zum Bestmöglichen führen zu können... Es gibt auch den ultimativen Zustand "Schwarz", der keiner Erklärung bedarf: die Kampfkunst lehrt den Respekt vor dem Leben bis zum äußerst Möglichen. Von jedem zu schätzen, dann zu rechtfertigen.
Man sollte genauso schnell zur Ruhe zurückkehren können, wie man "in der Kraft aufgestiegen" ist. Dieser schnelle Auf- und Abstieg im Willen zur Reaktion (die nicht das Ausufern eines emotionalen Drangs ist) arbeitet die Qualität Ihres Verhalten aus und festigt die Kontrolle der Gesten mittels des Geistes ("schneidend", jedoch nur wenn ich mich dazu entschließe...). Das Anwenden der Bedeutung der Farben ist eine Veranschaulichung des Ökonomieprinzips in Energie und maximaler Wirksamkeit bezüglich der Dauer (eine Auseinandersetzung kann dauern, komplizierter werden). Man nennt dies auch "kaltblütig sein". Niemand behauptet, dass dies eine einfache Sache wäre, einmal in "das Feuer der Handlung" geraten!

Die Bedeutung der Farben gibt einen Leitfaden für das fortschreitende körperliche und geistige Engagement zum Zeitpunkt einer reellen Auseinandersetzung (auf dem Niveau des Überlebens). Es ähnelt in nichts der Anspannung, die man auf den Gesichtern mancher Kampfsportler schon vor dem Gruß (üblicherweise ein starkes, ruckartiges Nicken) findet, sogleich gefolgt von einer Explosion der Gewalt beim "Hajime": das ist vielmehr das totale "Rot", von einem Moment auf den anderen... Die Bedeutung der Farben ist voll von Nuancen, sie spricht die Intelligenz, die Empfindlichkeit, den Realitätssinn und auch einen den Gegebenheiten entsprechenden Entschluss an (das heißt, die Verhältnismäßigkeit in der Reaktion wahren, was im perfekten Einklang mit dem gesetzlichen Rahmen, welcher das komplexe Problem der legalen Verteidigung leitet, steht).

Man sieht, dass es sich in den Kampfkünsten sehr viel mehr um eine mentale Ausbildung als um spezielle Techniken handelt. Die ultimative Waffe ist der Geist... Wenn die Absicht des Geistes "gerecht" ist, bleibt die Waffe nur ein Werkzeug, an sich weder effektiv noch gefährlich. Aber von da an, wo dieses Werkzeug dem rechten Geist entgleitet... Wohlan, dies kann auf verschiedene Weisen geschehen, wenn gewisse mentale Blockaden im Geist desjenigen, der über eine Waffe verfügt (hier verstehe ich darunter, seinen Körper durch eine Kampftechnik geschmiedet zu haben) nicht überwunden sind. Zum Beispiel sich einem paranoiden Verhalten hinzugeben, mit der totalen und krankhaften Fixierung auf eingebildete Gefahren, Alibis um einer permanenten Aggressivität und einer ungeordneten Aufgeregtheit freien Lauf zu lassen. Oder andererseits im endgültigen Angekettetbleiben an die andere geistige Barriere, die ich bereits erwähnt habe, die das Fällen der ultimativen Entscheidung des Gebrauchs von Gewalt selbst im Falle absoluter Notwendigkeit unmöglich macht. Ein übertriebenes Selbstvertrauen, mit einer unüberwindbaren Lust sich zu zanken, oder einem glänzenden Verhalten im Training zugrunde gerichtet im entscheidenden Moment durch eine geistige, absolute Unfähigkeit, sich der angeeigneten Wissenschaft zu bedienen, obwohl es keine andere Wahl gibt... In beiden Fällen wird die Tatsache, sich im Besitz einer "Waffe" zu wissen, in Sicherheit wiegen und eine Unterschätzung der reellen Gefahr provozieren, und somit irgendwo die Gefahr anziehen... Die Arznei erscheint also schlimmer als die Krankheit. Im ersten Fall ist man dazu geneigt, sich zu vergegenwärtigen, dass "Wissen ohne Bewußtsein nur eine Ruine der Seele" ist... Und im Zweiten, dass es keine Schande ist, nicht die Möglichkeiten einer Waffe bis zum Ende leiten zu können, mit der man gleichwohl ausgestattet ist, aber es wäre dann besser, ihr gleich den Rücken zu kehren, und in anderen Aktivitäten als den Kampfkünsten eine Möglichkeit zu finden, nicht zu riskieren, sich mit den grundlegenden Überzeugungen in Widerspruch zu befinden.

Die Kampfkunst hat nichts von einem Spiel. Sie verlangt, kraft ihres reellen Endzwecks, einen vollkommenen, vernünftigen und überlegten Beitritt. Sie fordert gleichzeitig Gewandtheit des Geistes und einen Geist aus Stahl. Aber damit dem, was erschaffen wird, niemals die "rechte Gesinnung" fehlt, sind eine ernsthaft ausgerichtete Ausbildung und ein Training ohne Zugeständnisse von Nöten. In Letzteren kann man die einzigen, möglichen Antworten auf gewisse Dilemmata finden, die unsere Gesellschaft zerbrechlich machen, sowie die Schlüssel zur Sicherheit für uns alle finden. 

wird fortgesetzt...

Roland HABERSETZER, Präsident des Tengu Institutes.

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Übersetzt von Erhard Weidenauer

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Der Tunnelblick

Mitteilung Nr. 4 von Sensei Roland Habersetzer an das Institut Tengu :

 Der "Tunnelblick"

"Auch wenn Ihre Gegner Sie von allen vier Richtungen angreifen, versuchen Sie ihnen in einer einzigen Richtung nachzujagen (...). So dass Ihr Blick sie alle umfasst.

(Miyamoto Musashi: "Buch der fünf Ringe" -- Buch des Wassers --)

Wären Sie auch mit der leistungsfähigsten Waffe der Welt ausgestattet, sie wird Ihnen nichts nutzen, wenn Sie im Moment, in dem sie genutzt werden muss, Bedenken haben, die ihren Einsatz verspätet, oder die Sie unter Stresseinfluss jede Kontrolle über sie verlieren lässt ("der Geist ist die ultimative Waffe"...). Das ist die Falle und Gefahr, mit der sich ein jeder Übende einer Kampfkunst eines Tages konfrontiert finden kann. Es ist wichtig daran zu erinnern, dass wir unter letzterer die "bewaffnete Praxis" verstehen. Diese Waffe kann ganz einfach ein nach bestimmten Formen der Effizienz (zum Beispiel den Schlagtechniken der "leeren Hand", vom Typ "Kara-Te" ohne Exklusivität) trainierter Körper sein, manchmal unter Zuhilfenahme einer Waffe im gewöhnlichen Sinne. Der Großteil der Übenden einer Kampfkunst wird niemals, und dies ist besser so, den Moment der Wahrheit, die Auseinandersetzung ums Überleben, kennen lernen. Letztere behalten die ganze Zeit ihre Praxis bei, und bleiben manchmal darüber hinaus im vollen Vertrauen ihrer Fähigkeiten, auf eine Aggression antworten zu können. Ihr ganzes Leben, ohne es zu wissen, die Gefahr streifend, sich eines Tages gehen zu lassen, um eine tödliche Herausforderung anzunehmen.
Denn das Szenario eines Kampfes "ums Leben", wo weder Regeln, Konventionen noch ein letzter Rückzug existieren, jenseits jeglicher dem Ego schmeichelnden Interpretationen, hat nichts mit dem Typ Konfrontation zu tun, den man sich in einem Dojo (geschützter Ort) oder auch im Rahmen eines sportlichen (wenn auch gewaltsamen) Wettstreits vorstellen kann. All jene, die sich schon einmal in einer solchen Situation befanden, werden es bestätigen: Es ist etwas völlig anderes... In meinen Deutungen gehe ich immer von folgender Annahme aus: letztlich stellt Ihnen ein spezifisches Training angesichts einer gewaltsamen und unumrissenen Aggression, die
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versucht, Sie (berufs-)unfähig zu machen, sogar Sie zu zerstören, eine reelle Fähigkeit zu einer "bewaffneten" Antwort zur Verfügung und die Sie bereit sein werden (den Regeln einer Ethik folgend) zu geben, wenn Sie sich aus einem Grund, der nur bei Ihnen liegt, entschieden haben, sie in die Tat umzusetzen.

Vom "Stadium Gelb" führt Sie der Situationsverlauf ins "Orange" und Ihre bis dahin potentielle, ruhende "Waffe" ist aktiviert. Sie sehen sich einer aggressiven Gewalt gegenüber, die sich jeden Moment konkretisieren könnte, die sich aber gleichermaßen auch auflösen könnte, wenn Sie bloß nicht, unbeabsichtigt, unter dem Stresseinfluss, ihr selbst den entscheidenden Stoß geben (verbale Eskalation oder eine physisch provokante Haltung wie zum Beispiel wenn Sie eine "hohe" Bereitschaftsstellung, wie in einem klassischen Dojo gelernt, einnehmen). Seien Sie also entschieden, aufmerksam, bereit, aber noch nicht physisch engagiert. Alles kann kommen. Außer dem gefährlichen Gefühl der Sicherheit, das Sie blind machen kann, indem Sie ihre wahren Fähigkeiten zu einer schnellen Antwort überschätzen (technisch als auch psychisch: die Praxis des Dialogs, manchmal auch "verbales Judo" genannt, dessen Ziel es ist, auf sanfte Weise eine auf der Schneide stehende Situation zu entschärfen, ist nicht immer von Erfolg gekrönt und dies könnte gleichermaßen ein selbstmörderisches Verhalten sein, das sich mit der Versuchung einer verfrühten Entspannung der eigenen Wachsamkeit umgibt) oder die Schwere der Lage unterschätzen. Eine andere Gefahr besteht darin, sich vom "Tunnelblick" erfassen zu lassen.

"Sich erfassen lassen" entspricht dem Situationstyp, den man gut aus dem klassischen Kumite kennt, in dem man einem einzigen Gegner (und weiter: einem Partner im Dojo) gegenübersteht, und welches die Aufmerksamkeit hinter dem fixierten Blick in eine einzige Richtung, in einer fast hypnotischen Faszination, während man sich im Zustand des Stress befindet und das Niveau der Bedrohung erhöht ist (eine entscheidende Situation, wo das Leben auf dem Spiel steht), in eine Falle lockt. Die natürliche, organische Reaktion, der emotionelle Trieb und der Adrenalinspiegel, der jeglicher Kontrolle entgleitet (ein Effekt, den man nicht wirklich innerhalb eines Trainings im Dojo reproduzieren kann, da man im vorhinein weiss, dass es Grenzen gibt), lassen uns also leicht das Stadium "Orange" überspringen. Man gelangt ohne Zwischenstufe vor jedem körperlichen Kontakt von "Gelb" nach "Rot". Und es ist schwierig, im Nachhinein zurückzukehren. Die reale Konfrontation ist zu brutal. Keine Zeit um "Atmen zu holen"... Die Erfahrung hat weitgehend gezeigt, dass in der Praxis die Aufmerksamkeit unbeweglich, vollkommen auf die Gefahr gerichtet ist, und wenn nur irgendwie diese sich präzisiert (Auftauchen einer Waffe), so bleibt der Blick auf die einzige Ursache des Problems eingeschränkt. Man befindet sich somit im "Tunnelblick"... ein wohl klares Bild. Aber was würde passieren im Falle von mehreren Bedrohungen, wenn eine zweite dann eine dritte Gefahr sich zu der, die man anfangs im "Griff" hatte, sofort oder nacheinander, von nah oder fern, von unterschiedlichem Gewicht (technisch, physisch, Art der Waffe,...) hinzufüge? Wie soll man eine Bedrohung in den Griff bekommen, die gleichzeitig mehrere Formen annehmen kann bzw. sich einfach nur entwickelt? Der "Tunnelblick" verhindert, bei Zeiten das zu erspähen, was sich nicht direkt im Blickfeld befindet, oder aber die Fähigkeit zu unterscheiden verschwindet in der auftretenden Verwirrung ganz und gar, der Blick und die Empfindungen sind plötzlich überfordert. Die visuelle und sensorische Kontrolle der Situation entgleitet, der Körper bleibt erstarrt. Danach kann man nicht mehr von einem vernünftigen Handeln (immer diese "rechte Gesinnung"...) noch von einer Bedrohung oder den echten Möglichkeiten zu antworten reden, alles wird verwegener, also noch gefährlicher.
Gleichwohl existieren in der traditionellen Unterrichtung der Kampfkünste präzise Hinweise über dieses entscheidende Thema. So zum Beispiel "der Blick des weit entfernten Berges" ("Enzan no Metsuke"), der nicht am Gegner heftet sondern ihn umhüllt, durchdringt, ihn kontrolliert vom Kopf bis zu den Füßen. Man findet das gleiche Konzept in den Ausdrücken "Koyo no Metsuke" oder "Tozan no Metsuke" wieder, um diese Idee, im selben Moment die Gesamtheit als auch das Detail mit gleicher Schärfe zu sehen, auszudrücken. Der Blick darf sich nicht auf das Sichtbare, die Erscheinung beschränken, er muss bis zum Horizont des Sichtbaren gehen und darüber hinaus zum Herzen der Nicht-Form (dies ist idealerweise "ein Sehen mit dem inneren Auge, das den Geist des Gegners durchdringt"). Der Geist heftet nicht an einem präzisen Punkt des Gegners, er nimmt letzteren in seiner Gesamtheit und seinen Absichten wahr (Idee, die der gefeierte Takuan, Zen- und Schwertmeister, in Erinnerung rief, wenn er mahnte, niemals mit den Augen die Klinge des Gegners fixieren). Niemals in die Augen sehen, den Blick in Höhe des Kehlkopfes lassen. Er soll keineswegs festgenagelt sein, mit dem Geist die genaue Art der Bedrohung zu erahnen.
samurai20
Man muss lernen zu sehen ohne anzusehen.

Vergessen Sie nicht, denn "die Augen sind bekanntlich ein Spiegel der Seele", dass der Gegner ebenfalls ihre Absichten und Emotionen in den ihren lesen kann. Ich weiß, dass es auch diejenigen gibt, die es verstehen, in ihrem Blick zu ihrem Willen verschiedene Emotionen auszudrücken... Sicherlich existieren diese zweifelhaften Komödianten, aber ich bezweifle sehr, dass in diesem entscheidenden, kurzen Moment der Wahrheit jemand, wer immer es auch sei, die Zeit, die geistige Präsenz, die emotionelle Kontrolle hat, um sich so effektiv zu verstellen. In der Praxis, in der "echten" Situation, kann der Blick nicht täuschen (Angst, Unsicherheit, Gewalt,...).
Dem entsprechend gibt es traditionelle Kata-Unterweisung, die daran erinnert, dass nach Einnahme der Anfangsposition ("Yoi") der Geist nach allen "vier Himmelsrichtungen" offen sein muss: Blick gerade aus, natürlich (nach vorne zur Mittelachse der Kata), aber sich gleichzeitig zu jeder Seite, auch ein bisschen nach hinten, regen und auf der Hut sein... Wieviele Übende, selbst graduierte, denken von der Position "Yoi" an andere Dinge, wie (bestenfalls) an den ersten Angreifer, der aus einer festgelegten Richtung auftauchen wird? Eine Falle für den reellen Kampf. Ein Training entgegengesetzt zu einer Vorbereitung auf die totale Konfrontation. Erkennen Sie, warum Kata-Demonstrationen (und -Wettkämpfe!) vor Publikum, der Geist in seinem "Yoi" und Ego eingefroren, technische Fertigkeiten zerbrechlich machen, schon nicht so offensichtlich, wenn man glaubt, mit vollkommen guter Absicht, dass man gerade eine brillante Vorstellung abgibt? Sie nähren die "Chronik einer sich angekündigten Katastrophe", die häufig von denjenigen geschrieben wird, die sportliche Ästhetik mit martialischem Verhalten verwechseln.

Auf einem Gemälde, das Miyamoto Musashi (1584-1645) aufrecht mit natürlicher Aufmerksamkeit und seinen zwei Schwertern zeigt, kann man ein Verhalten sehen, welches unter dem Namen "happo biraki" (=offen in acht Richtungen) bekannt ist. Eine neutrale Position, ohne Allüren, eine Haltung von "geringer Höhe", in Wahrheit aber bereit allem zu begegnen, ohne eine Lücke zum Angriff zu bieten. Derselbe Musashi spricht in seinem "Buch der fünf Ringe" (" Gorin no Sho") von der Vorstellung "Kanken": er unterscheidet beim Schwertkampf in der Tat "Kan" (hindurch- oder hineinschauen), den Blick, den man mit einer durchdringenden Kraft tragen muss, der auf den Geist des Gegners zielt, von "Ken" (sehen), einem oberflächlichen Blick, der einfachen Beobachtung.

Der Blick fürs Ganze lässt die Freiheit, im Augenblick zu reagieren und sich an die ändernde Realität zu heften. Das ist es, was man auch auch einen "peripheren Blick" (frz.: vision périphérique) nennt. Während im Gegensatz dazu der "Tunnelblick" die Technik wie den Geist gefangen nimmt.
samurai21

man sich die möglichen Einsätze für eine authentische Ausübung einer Kampfkunst mit dem Willen zur Realitätsnähe ohne Gefälligkeiten zu sich selbst bewußt macht.

Roland HABERSETZER, Directeur Institut Tengu

(DIESER ARTIKEL (Copyright) IST TEIL EINER ÜBERLEGUNG DIE EIN THEMA EINER VERÖFFENTLICHUNG SEIN WIRD.

Übersetzt von Erhard Weidenauer

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Tengu-no-michi … eine neue Definition der Kampfkunst im 21-ten Jahrhundert


Tengu-no-michi …die "andere Wahl" !

Der "Weg Tengu" ist für den, der ihn geht, traditionell modern


Sowohl traditionell...

Im Bewusstsein und dem Respekt gegenüber dem unendlichen " Schatz " den die alten Katas(Koshiki) verbergen, im Sinne der Anstrengung , des Respekts, Authenzität, Aufrichtigkeit, Bescheidenheit, Selbstbeherrschung, Urteilsvermögen, Menschlichkeit, Wirksamkeit, Wille zur Entwicklung, alles Werte des echten und engagierten Menschen.

...als auch modern

zum Erwerb eines Verhaltens, das dazu führt, dass man sich technisch und mental wehren kann, angesichts der realistischen und glaubwürdigen Aggression der aktuellen Welt.

Tengu-no-michi … eine neue Definition der Kampfkunst im 21-ten Jahrhundert !

Tengu no michi : Ein vollständiger Weg der Kriegskunst
oder
der Geist einer Tradition

    … denn die Kampfkunst bleibt in erster Linie eine Waffe; jede Waffe muß unter Kontrolle bleiben und deren Handhabung, auch die kontrollierte darf niemals ein Spiel werden. D.h. der Begriff des sportlichen Vergleichs mit seinen spielerischen Begleiterscheinungen ist dem Geist des " Tengu-Weges " völlig fremd.

    Tengu-no-michi : lernen und verbessern des Verhaltens eines freien Individuums unter dem Respekt vor dem Leben, den Anderen, dem Gesetz …

  1. eine klassische Technik angereichert mit modernen Konzepten …

    denn das gewalttätige Verhalten und die Mittel der Gewalt haben sich verändert.

  2. eine Philosophie, dass die Handlung mit dem Einsatz
        übereinstimmt …

    denn ein Kampfkünstler muß bereit sein, sein Können zur Verteidigung von sich selbst und anderen sowie den Grundwerten der Gesellschaft, von der er ein Teil ist, einzusetzen.

  3. ein Mittel für ein Verhalten von verantwortungsvollen Bürgern …

    denn ein Kampfkünstler darf sein Können nur im Sinne der Gegengewalt anwenden, unter ständiger Kontrolle und dem Respekt vor dem Leben und dem Gesetz.

  4. die Wahl des Ziels …

in seinen Anwendungsmöglichkeiten. in seinem Konzept und

Für eine Ethik(Shisei) und ein Verhalten( Seiki)

es ablehnen sich zu schlagen, es ablehnen zu unterliegen ...

(c) Shihan R. Habersetzer, Soke Tengu ryu Karatedo u. Kobudo

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